Heimflug

Der Wecker klingelt. Sieben Uhr morgens, Mumbai. Ich wache in einer Zweizimmerwohnung auf in der 6 Menschen schlafen. Auf einer dünnen Matratze, über mir rattert der Ventilator, die Fensterrähmen haben keine Scheibe, nur ein dünner Vorhang trennt drinnen und draussen. Draussen hängt etwas Wäsche, schaut man am Tag runter zwischen die Mehrfamilienhäuser sieht man Abfall herumliegen. Vielleicht Kinder spielen oder Männer reden. Doch wir sind früh dran. Kein rausgucken, kein Frühstück sondern zum Flughafen.

Ein Taxi rufen, meinem Gastgeber nochmals Danke sagen. Vorbei an kleinen Shops, überall Menschen, Autos, Rikshas, Flyways, Düfte, mal gute würzige, mal urinale. Nackte Kinder, Slumgegenden, Leute die zur Arbeit gehen. Dem Taxifahrer sagen dass wir noch Lust auf einen letzten Chai hätten. Er fährt in eine Seitenstrasse, sucht einen Caywalla. Ich steige aus, jemand sagt: “Cay, 100 Rupees” und lacht mich an. Bei mir schlägt die Vorsichtsglocke, doch er macht nur einen Witz, lacht, zeigt mir wo ich Tee kriege. 2x 5 Rupees. Je 10 Rappen.

Am Flughafen will der Taxifahrer 400 Rupees. Ich zeige ihm, dass es 300 sind. Zum Glück ist er nicht die letzte indische Person die einen Eindruck bei mir hinterlässt. Der british airways-Schalter ist fast leer. Wir werden bald bedient und kommen uns wie blöde Touris vor als sich herausstellt, dass das Fahrradpaket nicht ca. 25 kg sondern 35 kg wiegt. Es war schon plastikumwickelt, wir schneiden es wieder auf, nehmen Dinge raus, füllen eine Fahrradtasche, wickeln meinen Rucksack und die Fahrradtasche zusammen, ein grosses Plastikpaket. Nach viel hin und her ist alles verpackt und im Gewichtslimit. Dazu gibts noch ein kleines Upgrade für uns beide. Die Schalterbeamten hinterlassen einen tollen Eindruck mit ihrer Gelassenheit und Hilfsbereitschaft. Der letzte Eindruck aus Indien.

Zwei Taschen, Ein Gepäckstück

Im Flughafen kosten zwei Samosas 54 Rs, draussen wären es 6-10! Der Immigration Officer fragt was ich in Pakistan gemacht habe und lächelt. Die Sicherheitschecks sind lückenhaft. Im Flugzeug bemerke ich, dass meine Halbliterwasserflasche immer noch im Handgepäck ist. Im Weiterflug von London nach Zürich werde ich bemerken, dass sie immer noch dort ist. Der Flughafen ist sauber, gross, luftig, unnatürlich, nicht mehr indisch. Der Duty-Free-Bereich ist voller Luxusgüter. Eine Kunstwelt. Vollklimatisiert. Sie kommt mir unnatürlich vor nach all den ungefilterten Eindrücken, all den ‘echten’ Erlebnissen.

Im Flugzeug lese ich einen Artikel über einen Soldaten der nach vier Jahren aus einem Gefangenenlager nach Hause kommt und dem seine Familie fremd ist. Dann sehe ich auf dem Schirm wie schnell wir fliegen.
Flugkarte
Pakistan ist überflogen, Iran, das Kaspische Meer. Dort bin ich der Küste entlang gefahren. Ich war bei Yazer. Ein wunderbarer Mensch. So gastfreundlich. Ein Freund. Alles zieht so schnell vorbei. Es kommen mir Tränen. Ich weiss nicht recht wieso.

In London gibt es Burger und Bier. Willkommen in Europa. Der Ort kommt mir trotzdem wie eine Lagerhalle voller Luxusgüter vor. Unnötig, unecht. Und der Steward im ersten Flug war ja so steif, britisch.

In Zürich kommt mir eine kühle Brise entgegen, schön. Im Tunnel begrüsst mich ein Heidi, dazu Alpenmusik, Schweiz Tourismus ist hier aktiv. Auf dem Klo trinke ich meinen ersten Schluck Hahnenwasser. Meine Familie. Wunderbar wieder bei ihnen zu sein. Im Parkhaus hat es einen Coop Pronto. Mein Bruder sieht meine Augen, gross und glänzend, er lädt mich ein. Erst bin ich überwältigt, dann weiss ich aber schnell was ich will. Ich kaufe ein Rivella. Dann noch ein Mangolassi und ein Joghurt. Dazu gibts viele Gewinnkarten. So was habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Jetzt werde ich auch wieder immer gefragt werden ob ich denn Cumulus- oder Superpunkte sammle. Shit.
Dann die Autobahn. Alles rollt perfekt. Kein Schlagloch, keine Unebenheit. Aber auch keine Stände, keine Menschen, kein Leben. Nur Beton.

Das Elternhaus fühlt sich nicht speziell an. Vertraut. Bekannt. Nicht neu. Nur die Platten glänzen unnatürlich. Ich bin mir wohl einen solchen Boden nicht mehr gewohnt. Ich habe einen Schock erwartet und da ist keiner. Nur vertrautes zuhause. Ist doch gut so. Das Essen tut gut. Fleisch, Käse, Brot. Ich erzähle die ersten Anektoden. Eine warme Dusche. Mh. Ich bin wieder zuhause.

 

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