Reiseliteratur

Ich habe zwei kompakte Bücher mit auf die Reise genommen: “So sprach Zarathustra” von Friedrich Nietzsche und eine Übersetzung des Korans ins Deutsche. Hohe Ziele die an einer Veloreise scheitern mussten. Im Koran lese ich von Zeit zu Zeit, aber nicht häufig. Wenn man sich die richtigen Suren aussucht (z.B. Joseph/Yusuf), dann kann es sehr faszinierend sein zu vergleichen wie die Geschichten die die Bibel erzählt im Koran ebenfalls erzählt werden – mit leichten Abwandlungen. Aber Zarathustra geht wohl mit dem nächsten Paket nach Hause.

Was lese ich dann? Die guten Bücher sind mir alle unterwegs in die Hände gefallen. Ich rate deshalb eine Veloreise die man zuhause beginnt auch ohne Bücher zu beginnen.

Angefangen habe ich mit Jason Burke’s “On the road to Kandahar”On the road to Kandahar (auf deutsch: “Reise nach Kandahar“) – geschenkt bekommen in Augsburg. Jason Burke ist als Journalist durch viele Problemzonen der muslimischen Welt gereist und erzählt leicht lesbar einen Mix aus Hintergrundinfos, Einblicke in ein Journalistenleben und Reisebericht. Ein sehr empfehlenswertes Buch. Im Westen herrscht ja manchmal das Gefühl vor es handle sich bei der ‘muslimischen Welt’ um einen grossen Block mit gemeinsamen Zielen und Feinden.  Nach diesem Buch wird man garantiert nicht mehr so denken, Burke zeigt sehr anschaulich auf wieviele verschiedene Ursachen die einzelnen muslimischen Konflikte haben und dass der Islam so verschieden gelebt wird wie die Kulturen verschieden sind in die er aufgenommen wurde. Mich hat dieses Buch vor allem mal wieder eines gelernt: Never ever put people in a box! (Stecke niemanden in eine Schublade!) Schon gar nicht wenn sie eine Aufschrift trägt wie ‘Muslim’, ‘Türke’, ‘Mann’ oder sonst etwas allgemeines. Menschen sind so individuell.

The new life - Orhan Pamuk Burke begleitete mich durch Osteuropa und bereitete mich innerlich gut auf die muslimische Welt vor. In der Türkei wo ich viel mehr Zeit als in den einzelnen osteuropäischen Ländern verbrachte, war dann natürlich Literatur aus dem Reiseland angesagt. Orhan Pamuk, wen sonst? Ich kaufte eine Übersetzung ins Englische von “Das neue Leben”. Der erste Satz ist super: „Eines Tages las ich ein Buch, und mein ganzes Leben veränderte sich.“, aber danach zog es sich hin und die Magie dieses Buches erfasste mich nicht, auch der unerwartete Schluss überraschte mich nicht.

Bei meiner ersten Überlandfahrt in der Türkei hielt ich das Ticket für Sitz 38 in den Händen, den Platz auf dem der Protagonist von Pamuk so oft sass. Ich war hell begeistert von der Aussicht dort ein Karamelbonbon zu kauen. Die Realität holte mich dann schnell ein, als es hiess ich solle mich gleich ganz vorne hinsetzen – auf Sitznummern wird nicht gross Rücksicht genommen in der Türkei.

In Sivas lag ich zwei Tage krank auf dem Sofa eines Studenten der deutschen Literatur. Ich las in den zwei Tagen “Die Leiden des jungen Werther” durch. Wer hätte gedacht, dass ich mitten in der Türkei klassische deutsche Literatur finde? Es ging aber gleich so weiter.

In Tabriz wurde mir von Chris “Der Prozess” von Kafka geschenkt.Der Prozess - Franz Kafka, Ausgabe von Vitalis Juhu, Kafka! Den Prozess wollte ich schon lange mal lesen – schade ist es ein unvollendeter Roman. Aber das macht ihn doch irgendwie umso kafkaesker?!

Und jetzt in Teheran war es wirklich wieder Zeit für Nachschub. Wer mich kennt, der weiss (oder weiss es mindestens jetzt – jetzt dann gleich), dass ich oft mit dem Wunsch nach einem bestimmten Buch in die Buchhandlung gehe und dann mit drei anderen Büchern rauskomme. Ich habe die deutschsprachigen Buchhandlungen Teherans abgeklappert und es war witzig mit Verkäufern und Kunden Deutsch zu sprechen, doch leider verkauften sie nur Lernbücher. Ich habe mich jetzt mit ein paar wenigen englischen Klassikern eingedeckt:

Und los gehts mit Robinson! Im Original klingt die Geschichte ganz anders: Problemkind und Sklavenhändler – davon erzählt die Schulversion nie.

(Klick aufs Bild zum vergrössern.)
Bücherkauf in Teheran - Thumbnail

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