Iran – Eine Einführung

Ich glaube was hier alle lesen möchten ist eine Ergänzung zu dem Bild das die Medien vom Iran zeichnen. Dann wollen wir mal.

Geografie

Der Iran ist gross – das 14.grösste Land der Welt. Praktisch das ganze Land befindet sich auf einem Hochplateau auf rund 1000 Meter. Ringsum Berge und Meer. Und das macht die Vielfalt aus, im Norden und Süden Meer, im Norden Berge die super sind für Trekking oder um im Winter eingeschneit zu werden. Und dann gibt es auch noch die Wüsten.
Die beste Saison hier sei der Winter. Am persischen Golf schön warm, im Norden von Teheran verschneit und man kann Ski fahren.

Der Iran liegt an einem strategisch wichtigen Ort. Er war schon immer Durchgangsweg für den Handel zwischen Europa und Indien. Die Nachbarn sind ein spezieller Mix, befinden sich darunter doch der Irak, Afghanistan und Pakistan. Und gute Rohstoffe hat der Iran auch: Öl und alles was man sonst so abbauen kann.

Kein Wunder also wurde der Iran mehrfach von verschiedenen Seiten eingenommen, erst preschten die Mongolen durch das Land, später die Araber. Während dem ersten Weltkrieg hatten die Briten und die Russen hier das Sagen und die letzten Regierungen vor der Revolution waren auch nicht frei von äusseren Einflüssen. Ein Iraner hat mir gesagt, sie seien praktisch immer von fremden Herren regiert worden. Das sei man sich hier gewohnt.

Politik

Ich glaube das wichtigste was man als Schweizer über die Politik hier wissen muss, ist dass sie nichts mit dem Leben der Menschen zu tun hat. Deshalb: auch wenn die iranische Regierung böse redet, die Menschen sind sehr gastfreundlich und eine Reise in dieses Land kann eine tolle Erfahrung sein.

Bei uns arbeiten Politiker mehr oder weniger für ihr Volk. Hier leben die Politiker ihr Leben und das Volk das sein. Das geht so weit, dass einige Iraner das Regime in eine Reihe mit früheren Fremdherrschaften einreihen: “Das sind zwar unsere Leute, aber sie vertreten nicht unsere Ideen. Sie wollen uns zu Arabern machen.” Die Iraner sind stolz auf ihre eigene Kultur. Und die Kultur hier ist alt, sicher 5-6000 Jahre alt! Also für archäologisch/ historisch Interessierte gibt es hier was zu sehen.
Apropos Araber: Die Iraner wollen sich wirklich von den Arabern unterscheiden. Deshalb kann es auch mal vorkommen, das einem gesagt wird, dass Iraner Arier sind. Wenn die wüssten wie das in unseren Ohren klingt! Seis drum, die Theorie gibt es wirklich: Deutsche und Iraner haben sich vor ca. 10000 Jahren im Norden getrennt, die einen sind nach Europa gewandert, die anderen in den Iran.

Wie kam es dann zu dieser islamischen Revolution anno 1979? Nun, niemand wollte den Schah mehr (den König). Er verhöckerte das Öl billig an andere Länder, schaute nicht zum Volk. Man raufte sich von links bis rechts zusammen und sagte ihm er solle verschwinden. Und dann hatten die Iraner Pech: Aus all diesen Gruppen die die Revolution herbeiführten, gewannen die Muslime die Oberhand und erklärten die Revolution kurzerhand zu einer islamischen.

Das Regime hier ist zu einem grossen Teil ein Show-Off-Regime. Sie stellen Regeln auf, dass es so aussieht als wäre der Iran ein richtig muslimisches Land. Zum Beispiel die Kleiderregeln: Es gibt sie, aber sie werden in der (Teheraner) Praxis so lasch gehandhabt, dass es ein Witz ist. Der Mantel der dafür gedacht ist, die Figur zu verhüllen ist oft enganliegend, das Kopftuch so weit hinten wie möglich und darunter schauen blondierte und toupierte Haare hervor. haareDie Regierung kümmert sich allgemein nicht sonderlich um die Umsetzung von Regeln. Weder um die Einhaltung von Verkehrsregeln noch um das Verbot von Satellitenfernsehen oder Alkohol. Nicht einmal um das bezahlen von Steuern! Das heisst die Menschen leben ihr eigenes Leben, man arrangiert sich und praktisch alle leben irgendwie mehr oder weniger illegal. Was für uns befremdlich ist, ist hier total normal. In einem Gespräch über den Strassenverkehr sagte mir eine Iraner: “If you follow the rules, you can’t move.” (Wenn du den Regeln folgst kannst du dich nicht mehr bewegen/kommst du nicht vorwärts.) Und in diesem Punkt ist der Verkehr wohl ein gutes Bild für das Leben überhaupt im Iran.
Als ich einem Iraner erklärte, dass ein Grund für unser negatives Bild vom Iran die Drohungen der Regierung gegen Israel und die USA seien, sagte er mir einfach, ich solle das nicht ernst nehmen: “Die reden nur!”
Manchmal erinnert es mich ein bisschen an Diktate oder den Kommunismus: Die grossen Banken gehören alle dem Staat. Der Staat legt Preise fest. Wenn ein Polizist einem bei einem Regelverstoss erwischt kann man das meistes mit reden oder Geld gutmachen. Wenn man etwas braucht bekommt man es fast nur durch Beziehungen oder ganz ganz langsam.
Die machen was sie wollen und das Volk versucht zu leben. Wer aufmupft wird geschlagen, gefoltert, verschwindet.

Und ich hoffe jetzt mal für diesen Artikel wird hier im Iran nicht meine Homepage gesperrt oder ich des Landes verwiesen.

Zukunftsaussichten

Die meisten oppositionellen Iraner sind positiv gestimmt. “Bisher konnte die Regierung machen was sie will: Die Preise erhöhen, die Reglen ändern, niemand hat was gesagt. Doch jetzt ist eine Opposition da. Die Menschen haben dazugelernt und sie schauen der Regierung auf die Finger.” Die Regierung hat aber auch gezeigt, dass sie eine harte Linie fährt, dass sie bereit ist Gegner hart anzugehen. Und deshalb habe ich nicht das Gefühl, dass die Aussichten für die nächste Zeit rosig sind. Aber auf lange Frist wird ein solches Regime so oder so abgelöst werden. Ein Lichtblick hier ist, dass die religiös-politische Clique, die sich früher gegenseitig als Saubermänner präsentiert hat, begonnen hat sich gegenseitig mit Dreck zu beschmeissen was den Nebeneffekt hat, dass die Menschen deutlich sehen, wie schlecht die Politiker sind.

Religion

Persönlich habe ich das Gefühl dass Religion hier im Iran weniger präsent ist als in der Türkei. Dort hat jedes Dorf sein Minarett. Hier in einem Dorf war eine Moschee ohne Minarett, ich habe sie erst gar nicht erkannt, und man sagte mir: es ist nur ein Symbol, nicht wichtig. Gebetsaufrufe höre ich auch weniger – es gibt auch nur 3 pro Tag. Wenn man tiefer schaut ist die Religion allerdings sehr präsent. Der Taxifahrer der einer Predigt zuhört. Überall religiöse Kaligraphien. All die fastenden Menschen. Usw. Allerdings ist das iranische Volk längstens nicht so religiös wie man sich das vorstellt. Sicher, es gibt viele Religiöse hier. Gewissen Städten wie Qom sieht man das an – der Anteil der Tschadors ist ein guter Index. Aber in Teheran, und da lebt immerhin ein Fünftel der iranischen Bevölkerung, leben viele besonders junge Menschen so westlich wie möglich.

Die Menschen

Iraner sind sehr hilfsbereit und gastfreundlich. Es scheint tief in ihrer Seele verwurzelt zu sein, die Wünsche des anderen vorneanzustellen. Und erst recht die des Touristen. Das kann erleichternd, aber auch mal mühsam sein; wenn man es aber mit Ländern vergleicht in denen der Tourist in erster Linie ein Abzockopfer ist, dann ist es eine gute Erfahrung. Ein paar Beispiele:

  • Man geht durch eine Strasse und wird angesprochen mit “Hello. How can I help you?” (Wie kann ich ihnen helfen?) Und sie helfen dann auch tatsächlich. In Tabriz hatten wir immer jemand neben uns während wir ein passendes Hotel suchten. In Ardabil fuhr uns sogar ein Junge auf dem Velo voraus, etwa 5 unpassende Hotels lang. Und er wollte unser Trinkgeld nicht annehmen!
  • Der Verkehr ist ja total regelfrei. Aber trotzdem ist er nicht agressiv. Man hält an für den Fussgänger der gerade die Strasse überquert und man lässt auch mal jemanden von der Seitenstrasse einbiegen.
  • Auf der Post gehe ich an den erstbesten Schalter und frage wo ich den meinen Brief aufgeben soll. Schon steht ein englischsprachiger Kunde neben mir und nimmt mir die Arbeit ab, geht mit mir von Schalter zu Schalter bis der Brief seinen Weg nach Europa antreten kann.
Tags: ,  

2 Comments

  1. In English PLz

  2. Not everybody understands English. Especially not all members of my family and not all my friends. And they are the mail audience of this blog.
    I write in English sometimes for you guys, but not always.

Leave a Reply